In München gab es eine Veranstaltung, die in dieser Form selten ist. Soldatinnen und Soldaten kamen zusammen, um im Rahmen eines Gelöbnisses zum Offizier ernannt zu werden. Das wurde nicht auf dem Gelände einer Kaserne oder der Universität der Bundeswehr durchgeführt, nein, die Bundeswehr ging bewusst in die Öffentlichkeit, mitten rein in die Münchner Innenstadt. In den Hofgarten. Termin war der 29. Juni 2012 nachmittags.
Zwei Medien-Beispiele: Auf SAT.1 Bayern kam über diese öffentliche Zeremonie ein informativer Beitrag, im Netz auch nachzusehen und zu hören. Bei Welt online wurde ein ausgewogener, untendenziöser Bericht publiziert.
Die Diskussion, ob dieses Gelöbnis und die Beförderung in dieser Form angemessen, ja gut sei, wurde schon im Vorfeld geführt. Auch im Netz. Proteste gab es auch am Freitag. Das ist in einer Demokratie grundsätzlich in Ordnung.
Die Frage ist zu stellen, ob der Hofgarten der richtige Ort ist. Das kann fair diskutiert werden. Die Frage ist aber auch zu stellen, warum sich die Bundeswehr verstecken soll. Gehört sie nicht zu unserer Gesellschaft? Sind die Soldatinnen und Soldaten nicht für unseren Staat im Einsatz?
Ist es denn richtig, wie so manche es formulieren, wenn Kritik an der Bundeswehr immer in einen Topf geworfen wird mit Kritik an den Fragen des wichtigen Asylrechts, mit Fragen zu den wichtigen Themen, wie wir mit Flüchtlingen umgehen? Kann man das alles so vermengen? Und – sind kritische Worte denn nicht besser an die Politik zu richten als an die Soldatinnen und Soldaten?
Wenn daher manche Medien von einem “Aufmarsch” geschrieben und gesprochen haben, verkennen sie, was am vergangenen Freitag durchgeführt wurde (leider ohne den Verteidigungsminister).
Der Begriff des Aufmarsches wird häufig verwendet, um einerseits Neonazi-Aktivitäten zu beschreiben, andererseits, um z.B. über Protestaufmärsche gegen Putin oder andere zu berichten. Etwas Dergleichen aber war am Freitag nicht geboten.
Es war kein Protest, es ging nicht um Politik. Es ging – nur – um die feierliche Beförderung einer Gruppe, die zu unserer Gesellschaft gehört. Ein Stück Normalität also. Toleranz ist gefragt, oder? Und die etwas reflektiertere Suche nach richtigen Worten für Ereignisse. Das wäre m.E. Qualitätsjournalismus. Aber vielleicht stört nur mich das Wort vom Aufmarsch.
Zur Info, denn das soll hier nicht verborgen bleiben: Seit knapp zwei Jahren bin ich an der Universität der Bundeswehr tätig. Viele Jahre zuvor war ich an anderen Landesbildungseinrichtungen. Und ich kann nur sagen (was mich ja auch viele Kollegen immer wieder fragen): Soldaten und Soldatinnen als Studierende sind Studierende wie alle anderen auch. Und – mit Blick auf den nun im Ruhestand befindlichen Kollegen Wolffsohn, dessen öffentliche Äußerungen mich nicht selten irritieren (leider finden seine Äußerungen ja meist nur in der Verkürzung in die Schlagzeilen der Medien, wo sie denn auch verkürzt wahrgenommen werden): Die Studierenden sind nicht Unterschicht (ich geniere mich, wenn Kollegen so über Mitmenschen sprechen). Ob Ost oder West, darf so viele Jahre nach der Einheit Deutschlands doch keine Rolle mehr spielen.
Da ich etliche Jahre in den sog. “neuen” Bundesländern (die eine wunderbare Historie haben) gelehrt habe, schäme ich mich auch, wenn das plakative Wort von der “Ossifizierung” geschaffen und verwendet wird – das ist nur gut für boulevardeske Diskussionen, wenig geeignet für profundes Nachdenken. Dass unser Staat noch einiges – in vielen Bereichen – anpacken muss, ist berechtigte Kritik. Aber bitte nicht auf den Schultern derer, die mit solchen Talkshow-geeigneten Worthülsen getroffen werden.
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